Das war das #FOH23

Die Herausforderungen unser Zeit sind bekannt, die auf sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Ebene vor uns liegen. Offene Hardware kann ein Teil der Lösung werden. Beim Forum Open Hardware 2023 (#FOH23) befassten sich 100 Expertinnen und Experten mit der Frage, wie das gelingen kann. Dabei stand das zivilgesellschaftliche Engagement im Forderung. Denn es sind zivilgesellschaftliche Akteure, die daran arbeiten, Technologie und alle damit verbundenen Aspekte neu zu denken. Damit gehören sie zu den innovativsten Köpfen unserer Zeit, wenn Innovation bedeutet, bestehende Hardware reparierbar, veränderbar und partizipativ zu gestalten. Beim #FOH23 wurden zahlreiche Beispiele ausgestellt.

↪ Zur Publikation

Die Veranstaltung bestand aus zweit Teilen. Im ersten Teil haben sich Expertinnen und Experten in drei Themenwerkstätten zu verschiedenen Grundfragen ausgetauscht. Nach dem Impuls "Open Source: Selbstverständnis und Weg zirkulären Wirtschaftens" von Peter Troxler wurden im zweiten Teil sechs Projekte vorgestellt sowie politische Rahmenbedingungen diskutiert. Die Veranstaltung wurde fotografisch begleitet und der zweite Teil aufgezeichnet. Die ↪ Publikation "Unboxing Blackboxes" wurde zum #FOH23 veröffentlicht und fasst alle Themen zusammen.

Teil 1: Themenwerkstätten

Open Science Hardware
Die Themenwerkstatt beschäftigte sich mit Potenzialen von Open Hardware für die Wissenschaft, zum Beispiel durch offene Instrumente oder Labormittel. Dabei wurden auch Anwendungsfelder wie Citizen Science und Themen des Wissenstransfers diskutiert. Desweiteren wurden Forschungsbedarfe gesammelt, die in der Open-Source-Hardware-Community gesehen werden. Ausgangslage für die Arbeit der Themenwerkstatt bildete das ↪ Maßnahmenpapier der Open Hardware Allianz.
Das Maßnahmenpapier wurde grundsätzlich als gute Basis angesehen, um Open-Science-Hardware voranzubringen. Folgende Punkte seien zu ergänzen:

  • Es sollte eine übergreifende und beispielhafte Open-Science-Definition entwickelt werden, in die Open Hardware integriert ist und an der sich Institutionen orientieren können.
  • Grundlagenarbeit zu juristischen Fragen zu Liabilty und Qualitätssicherung
  • Offene Hardware wirft neue Fragen der Haftung und Qualitätssicherung auf. Dafür braucht es Unterstützung, zum Beispiel durch Studien, die sich mit Effekten befassen, durch die Anfertigung von Rechtsgutachten oder Forschungsprojekten zu Liabilty und Qualitätssicherung im Bereich der offenen Hardware.
  • Es braucht offene Räume oder auch Labore an Hochschul- oder Forschungseinrichtungen, wie beispielsweise Makerspaces, in denen Offenheitskompetenzen entwickelt werden können und der niederschwellige Instrumentenbau erforscht werden kann (z.B. durch die Verwendung von Normteilen und einfachen CNC-Maschinen).
  • Um solche Räume und Forschungsvorhaben zielgruppengerecht auszurichten und Beteiligung zu leben, sollten "Commons Public Partnerships" angestrebt werden, um Wissenschaft zu öffnen und zivilgesellschaftliche Akteure aktiv zu integrieren. Dazu sollte sich an bereits existierenden Strukturen orientiert werden, wie Offenen Werkstätten, Maker-, oder Hackerspaces.
  • Wenn im Rahmen von Forschungsprojekten Instrumente anhand von offenen Designs selbstständig nachgebaut werden, dann sollten beantragte Sachmittel in Personalmittel umgewandelt werden können.

Kreislaufwirtschaft mit offene Technologien
Die Themenwerkstatt zu Circular Economy bzw. Society orientierte sich am Konzeptpapier, das im Projekt "Roadmap to a Circular Society" entsteht. Dort werden ↪ Openness Development Goals (ODGs) entwickelt, die wir beim Forum Open Hardware diskutierten. Die ODGs gehen davon aus, dass eine Circular Society erst durch gesteigerte Kollaboration möglich wird. Dafür braucht es offen zugängliche Informationen und Pratiken der Offenheit. Diese wurden in den ODGs zusammengefasst. Die ODGs sollen all denjenigen eine Orientierung geben, die an strategischen Prozessen arbeiten, um Kreisläufe zu fördern.
Beim Forum Open Hardware 2023 wurden in erster Linie Beispiele gesammelt, die die ODGs bereits exemplarisch umsetzen und damit praktisch illustrieren. Dabei standen die Bereiche Medien und Kultur, Wirtschaft und Technologie, Bildung und Forschung, Kommune und Zivilgesellschaft im Mittelpunkt. Die Beispiele waren zahlreich, daher werden hier nur drei dargestellt:

  • Medien und Kultur: In den Bereichen der Zero-Waste- oder DIY-Bewegung und der Haushaltshacks/-trickskultur gibt es zahlreiche positive Beispiele für Openness, die aber nicht so genannt werden und zum Teil recht unsichtbar stattfinden. Diese Kommunikationsräume können als elementare Praktiken des offenen Austauschs von Wissen hervorgehoben werden, die Kreislaufpraktiken ermöglichen.
  • Wirtschaft und Technologie: Wir brauchen nicht immer neue Sonderanfertigungen, sondern Marktplätze, über die sich bereits produzierte Gegenstände mit spezifischen Eigenschaften leicht verteilen lassen. Durch solche "Match-Making-Ansätze" können beispielsweise bereits produzierte Brillengläser mit spezifischen Sehstärken neue Nutzende finden. Wenn hier auf offene Designs und genormte Formen gesetzt wird, wird das um ein Vielfaches erleichtert. Ein Projekt aus Indien wurde hier als Beispiel genannt.
  • Kommune: Kaputte oder leistungsschwache Computer müssen nicht direkt weggeworfen werden. Sie können auch als Lernmittel in Schulen dienen. Denn das Öffnen von Gehäusen, das Vertrautmachen mit einzelnen Komponenten bzw. der groben Funktionsweise der Geräte sind wichtiger Bestandteil, um Reparaturfähigkeiten zu entwickeln und sensibel zu werden für unsere Alltagsgegenstände. Beispiel dafür finden sich in vielen Offenen Werkstätten.

Internationaler Wissenstransfer
Open-Source-Hardware erleichtert den Transfer von Wissen. Doch eine veröffentlichte Dokumentation alleine reicht nicht, damit andere sie nachnutzen und mitarbeiten. Welche Maßnahmen und Rahmenbedingungen braucht es also, damit das besser gelingt? Im Maßnahmenpapier der Open Hardware Allianz finden sich dazu bereits Ideen. Die Gruppe "Internationaler Wissenstransfer" hat sich damit befasst, wie das über kulturelle Grenzen hinweg gelingt. Dabei wurde "Transfer" nicht als etwas einseitiges diskutiert, sondern als eine gemeinsame Praxis zwischen gleichberechtigten Akteuren. Dabei war auch die internationale Zusammenarbeit Thema. Es gebe eine große Lücke zwischen den Aktivitäten staatlicher Akteure und zivilgesellschaftlicher Organisationen, die sich z.B. mit den vielfältigen Grassroots-Innovationen befassen, die in allen Ländern der Welt entstehen. Hier gilt es neue Brücken zu bauen. Insgesamt gebe es auf der Seite der Bundesregierung keine klaren politischen Strukturen und Ansprechpartner für diese Themen. Darüber hinaus wurden folgende Punkte diskutiert:

  • Support für offene Lizenzen
    Es brauche die Einrichtung klarer Ansprechpartner in öffentlichen Einrichtungen, wie Ministerien oder Behörden. Sie beraten bei Fragen zu Lizenzen, bieten Bildungsmaßnahmen, unterstützen bei Lizenzstreitigkeiten und arbeiten an Standards.
  • Einrichtung von Skalierungsunits für offene Hardwareprojekte
    Es brauche Support für offene Hardwareprojekte in der internationalen Skalierung. Die Projektteams haben oft nicht die Kapazitäten viele einzelne Anfragen zu bearbeiten und für jedes Kooperationsprojekt finanzielle Unterstützung zu beantragen. Es brauche eine Struktur, die nicht nur early-stage Projekte unterstützt (z.B. wie das Pilotvorhaben Prototype Fund Hardware) sondern die internationale Skalierung sowie den Aufbau von internationalen Communities fördert.


Teil 2: Mittel und Wege

Der zweite Teil wurde komplett aufgezeichnet und in fünf einzelne Videos aufgeteilt: Einleitung & Begrüßung, Talk "Open Source: Selbstverständnis und Weg zirkulären Wirtschaftens", Projektvorstellungen: "Offene Infrastrukturen für die Zivilgesellschaft", Projektvorstellungen: "Mit Open Hardware Ressourcen erzeugen, wiederverwerten und sparen" und die Paneldiskussion: "Mit offenen Technologien und einer aktiven Zivilgesellschaft zur zukunftsfähigen Gesellschaft?". Details zu den Sprechenden finden sich im Programm.

Videdokumentation

Fotodokumentation

Forum Open Hardware 2023 - Berlin